In dem Nachrichtenmagazin https://www.rubikon.news
Und in wundervoller Ergänzung und Weiterführung meiner Texte durch die Seite https://www.kritisches-netzwerk.de. Vielen Dank dafür.
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Ich möchte ihnen vier abgeschlossene Werke vorstellen:
Die Wunde: Eine Erzählung über einen Menschen der sich in den Finger geschnitten hat und während der äußeren Heilung auch eine innere zu vollziehen versucht, dadurch, dass er dafür eine Sprache findet.
Poetische Versuche über die Liebe und das Leben: Hier werden kleine, kurz gefasste Situationen aus dem Alltag beschrieben. (diese kann man in dem Podcast Dichterseele auf Spotify hören)
Konflikte: Die Form ist dieselbe wie bei den poetischen Versuchen. Fokussiert auf die inneren Konflikte von eingesperrten Psychen die sich die Möglichkeit der Freiheit versagen.
Gedichte über ein verkommenes Land: Verdichtete Sprachkörper oder auch Sprachräume, die von einem untergehenden Land berichten.
Hier nun jeweils Auszüge aus den Texten
Und dann habe ich mir in den Finger geschnitten. Es geschah aus einer einfachen Tätigkeit heraus. Ich hatte mir ein Brot zurechtgelegt, um eine Scheibe davon abzuschneiden. Zugegeben das Messer war sehr scharf, und ich habe nur ein Messer, das sehr scharf ist und dass verwende ich eigentlich nicht zum Brotschneiden. Eigentlich habe ich ein Brotmesser, mit dem es ganz gut geht, das Brotschneiden, aber ich hatte dieses Brotmesser verlegt. Und es nicht mehr gefunden. Allerdings fand ich es später dann doch, es lag in der Spüle unter dem anderen Geschirr, das noch nicht gespült war. Häufe ich doch mein Geschirr in kleinen Mengen an, bevor ich es spüle, denn ich habe keine Spülmaschine. Ich spüle von Hand, wie ich noch vieles von Hand tue was eigentlich Maschinen erledigen könnten. Wie das waschen von Wäsche, oder eben das Schneiden von Brot. Allerdings zähle ich mich nicht zu jenen, die sich als alternativ begreifen, die also irgendeinen besonderen Sinn in ihrem Tun vermuten. So weit würde ich nie gehen. Ich versuche nur meine Extremitäten zu trainieren, zumal ich keinerlei Talent für einen Sport mitbringe. Als Kind habe ich einmal Fußball gespielt. Fühlte mich dabei allerdings immer alleine, was für einen Mannschaftssport kein Vorteil ist, und ich durfte immer nur am Schluss spielen, und nur dann, wenn wir hoch führten, oder nicht mehr gewinnen konnten. Mich wundert es heute, so in meiner Erinnerung, warum der Trainer mich überhaupt eingewechselt hat. Wahrscheinlich war er ein guter Mensch, obwohl ich ihn als Schreihals in Erinnerung behalten habe. Viele sagen ja, dass im Fußball sowieso nur Schreihälse eine Chance haben. Sei es als Spieler, oder als Trainer. Aber manchmal war ich auch ziemlich gut. Habe schöne Flanken geschlagen, oder bin durch ein zwei Gegenspieler getanzt, dass es eine Freude war. Ich spielte auch gerne ab, nur wollte ich den Ball dann wieder zurück, habe mich extra abgemüht dafür, und ihn meistens doch nicht bekommen. Ich bin dann nicht in Wut geraten, so wie viele andere. Ich blieb ruhig, seltsam unbeteiligt, fast lethargisch und ließ mich in die Tiefe des Raumes fallen, wie es so schön heißt. Leider verblieb ich dann oft das ganze Spiel über darin, so dass mich meine Mitspieler kaum mehr fanden, da sie, so wie ich keine Ahnung hatten was die Tiefe des Raumes eigentlich bedeutet, und immer nur das Nächstliegende taten, was eigentlich der Tiefe des Raumes nicht entsprach, so vermute ich das heute zumindest. Aber wir waren noch jung und ohne die Bilder des Ehrgeizes, so wie sie heute um den Erdball kreisen. Vor allem war ich ein Vorlagenkönig, in manchen Spielen nur und es waren glaube ich, sogar nur zwei Spiele, wenn ich mich recht erinnere, aber immerhin. Auf jeden Fall habe ich mir in den Finger geschnitten. Aus einer Bewegung heraus die ich schon unzählige Male gemacht habe, denn ich bin ein großer Brotesser. Vor allem Steinofenbrot hat es mir angetan und da kaufe ich mir immer gleich einen großen Laib. Die Verkäuferin hatte mich einmal mitleidig gefragt, ob sie nicht doch das Brot schneiden solle, denn sie kennt mich von früher. Ich schüttelte nur lächelnd den Kopf. Wo kämen wir da hin, hörte ich mich sagen, wenn wir uns von den Maschinen unser Leben diktieren lassen. Sie schaute dann nur etwas verloren, hob die Schulter und umhüllte mein Brot notdürftig mit einem dünnen Papier. Nun diese Bewegung des Brotschneidens war eine Elegante. So empfinde ich das. Schön spreize ich die Beine, um einen sicheren Stand zu haben, dann schwinge ich im Rhythmus des Schneidens meinen Oberkörper hin und her. Der Schnitt ist oft nicht gerade, also krumm und schief. Schräg in der Tiefe und wellig in der Fläche. Manchmal, wenn ich lustlos bin, schneide ich das Brot komplett zusammen und lege die Scheiben in eine Plastiktüte. Später, wenn ich sie dann wieder heraus nehme, ordne ich manchmal die Brotscheiben so wie sie geschnitten worden waren. Spiele sozusagen ein Brotpuzzle. Meistens jedoch schneide ich nach Bedarf. Auf jeden Fall entglitt mir das Messer. Ich muss wohl mit meinen Gedanken irgendwo anders gewesen sein. Das ist sowieso ein Grundproblem bei mir. Das ich immer mit meinen Gedanken wo anders bin. Einen Träumer haben sie mich schon genannt, einen Hanswurst und Tölpel. Früher hat mir das viel ausgemacht, befand ich mich doch in einer schwachen Position. Meine überlegene Naivität war da noch nicht ausgereift. Heute, wenn mich jemand beschimpft, lässt mich das kalt. Ich bin ein Gott, auch wenn es keiner weiß. Auf jeden Fall glitt ich mit dem Messer aus, ich hatte wohl meine Hand vernachlässigt, gedanklich meine ich, mit dem ich das Brot festhielt, und es geschah was geschehen musste, was in vielen Haushalten schon so oft passiert ist, so auch bei mir. Vielleicht hätte ich es vermeiden können, wenn ich das Brot so geschnitten hätte, wie es meine Mutter immer getan hat. Also den Brotlaib vor den Busen gespannt, und sie hatte einen großen Busen, indem das Brot wunderbar weich gebettet lag, vielleicht esse ich deshalb so gerne Brot, und sie mit rigorosen Bewegungen und starrem Gesichtsausdruck eine Scheibe nach der anderen abschnitt, und sie glichen einander fast wie ein Ei dem anderen. Aber eben nur fast. Heimlich verglich ich die Brotscheiben miteinander und sah meine Mutter vorwurfsvoll an, wenn sie manchmal wenn auch selten eine schräge, oder zu dünne, oder nur halbe Brotscheibe abschnitt. Aber wie schon gesagt, dass geschah selten und mein Vater opferte sich dann immer und nahm diese misslungenen Scheiben an sich, belegte sie notdürftig mit Wurst und aß sie schnell auf. Er opferte sich sowieso gerne für die Schwächen seiner Frau, obwohl er selber genug Schwächen hatte, aber die bemerkte er nie, selbst wenn meine Mutter sie ihm mit einer Deutlichkeit vorwarf, die nichts zu wünschen übrig ließ. Aber Männer geben nie ihre Schwächen zu, und wenn doch, dann vergessen sie es wieder und tun so, als ob es nie passiert gewesen wäre. Deshalb bringen Männer auch nichts zu Stande und wie sie aus meinem bisherigen Bericht sicher schon vermutet haben, bin auch ich ein Mann. Denn ich habe noch nie eine Frau gesehen, die sich in den Finger geschnitten hat. Seltsam eigentlich. Aber Frauen passen besser auf sich auf, sie wollen auch nicht von sich weg, sie kreisen mit ihren Gedanken in gewohnten Gefilden, suchen Grenzen auf, stellen Zäune auf, kleine Räume, in denen nur ihre Liebsten Platz finden. Und das ist auch gut so, denn wo kämen wir da hin, wenn auch die Frauen nur in der Ferne ihr Heil suchten. Sie sollen doch bitte schön, gedanklich zu Hause bleiben. Aber es gibt auch andere Frauen, die sich bemühen ein anderes Frausein zu erfinden, so vielleicht, wie man einen Taschenrechner erfindet, weil man zu bequem ist im Kopf zu rechnen. Und es gibt dadurch immer neue Frauentypen, die zu erklären sehr schwierig sind. Mehrdeutig sind, einfach verwirrend. Nur die Frauen selber können ihr neues Frausein erklären und sie tut dann so, als wäre es das leichteste der Welt so eine Frau zu werden, denn sie will ja nicht alleine dastehen in ihrem neuen Frau sein, aber manchmal ist sie das trotzdem, und das zehrt sie dann aus. Oft zumindest aber nicht immer. Manchmal sind diese Frauen, die ein neues Frausein erfunden haben, sehr glücklich und sie sind mächtig stolz darauf, und auch der Mann, der mit dieser Frau eine Beziehung eingeht, ist mächtig stolz, dass seine Frau ein neues Frau sein erfunden hat. Vielleicht bleiben die beide deshalb länger zusammen oder dass es gar für ein ganzes Leben reicht. Aber es kann auch sein, dass es ein schnelles Ende hat mit den beiden. Wer weiß das schon. Auf jeden Fall glitt ich irgendwie an der Brotkruste ab und schnitt mir in den rechten Zeigefinger. Ziemlich tief, so dass ich an der Fingerkuppe sogar ein leichtes Taubheitsgefühl einstellte und diese Taubheit mir ein wenig Angst machte. Es ließ aber sofort nach und ich konnte auch noch das Gelenk benutzen, so dass ich beruhigt darauf schloss, dass es die Sehne nicht erwischt hatte. Gott sei Dank. Doch es blutete sehr stark. Natürlich. Ich streckte die Hand in die Höhe und das Blut rann mir am Arm herunter. Nun bin ich nicht besonders empfindlich. Auch wird es mir nicht schlecht, oder dass ich gar in Ohnmacht fiele. Nein eher neugierig betrachtete ich die Rinnsale, die sich an meinem Arm entfalteten. Dann fasste ich mit meinem gesunden Arm den Ellenbogen des blutenden Armes und hielt diesen hoch wie eine Trophäe. Ich fand mich auf einmal stark und unnahbar. Mit einer eigentlich unbegründeten Überheblichkeit lobte ich mich für mein Durchhaltevermögen, meine Kälte, meinen klaren Blick. Denn ich bin im Allgemeinen ein eher kalter Mensch. Gerade in der Betrachtung anderer Menschen bin ich kalt. Kalt und unnahbar und doch werde ich einmal wider Erwarten verletzt so kann ich auch außer mir sein, denn wenn ich außer mir bin, werde ich sehr aggressiv und ungerecht. Manchmal auch gewalttätig. Aber das ist nur so eine Floskel, eigentlich. Ich war noch nie wirklich gewalttätig, und richtig handgreiflich sowieso nicht. Eher spucke ich diesen Menschen hinterher, wenn sie sich schon lange von mir entfernt haben, manchmal zeige ich ihnen den Vogel oder hebe den Mittelfinger. Keiner von denen hat das je gesehen, aber ich fühle ich mich wieder wohl. Das ist doch alles Energie, die sich verflüchtigen muss. Gerade in der Zeit sich verflüchtigen muss. Darum ist jede Auseinandersetzung ein Zeitproblem und deshalb liebt der Krieg die schnelle selbstvergessene Zeit, genauso wie der maschinelle Arbeitsprozess. Der ist sowieso viel zu schnell. Man kann da gar keine Menschen mehr unterbringen, weil die viel langsamer sind, und die Menschen schauen auch noch zu als wären diese Maschinen ihre Freunde. Die einzigen Freunde der Maschinen sind aber Ingenieure. Denn die bauen sie. Was wohl in deren Köpfen vorgeht? Wahrscheinlich nur technische Prozesse, denn das menschliche haben sie in ihren Köpfen schon lang wegrationalisiert, wie sie sowieso alles rationalisieren, effektiver machen, schneller und so. Ich habe noch nie einen netten Ingenieur kennen gelernt. Wobei, nett müssen die ja auch nicht sein, aber dass die so erbarmungslos sind, fast dumm in ihrem schmalen engen schwarzen Tunnelblick. Aber kann man es ihnen verübeln, sind sie doch nur Söhne von Vätern, von starken übermächtigen Vätern, die nie zu Hause waren und nur so eine Art Wirklichkeit verbreiteten, wie ein helles Licht der Unnahbarkeit vielleicht, oder eine flüchtige herrische Bewegung, schmal, klar und kalt, aber anders kalt nicht so wie ich mich manchmal kalt und überlegen fühle, nein unnahbar kalt, eiskalt, von jetzt auf nachher denken, alles auf eine logische Folge reduzieren, so wie man sich das halt vorstellt. So sind die wirklich. Denke ich mir zumindest. Aber sie sind auch anders, sie erfinden viele Dinge, die dem Menschen nützen, und auf dieses Ziel hin arbeiten sie auch Tag und Nacht. Opfern sich für eine bessere Welt und schaffen doch meistens so nebenbei auch eine schlechte Welt gleich mit. Manchmal opfern sie sich auch für einen Sportwagen einer Limousine oder eine Reise rund um die Welt. Obwohl die Reise um die Welt machen sie dann meistens erst im Alter oder ihre Witwe macht sie für sie mit. Denn sie lassen sich gerne unter die Erde bringen, gerade weil sie so einen Ehrgeiz haben, und meistens ist der auch noch falsch, und man weiß ja, dass einen der falsche Ehrgeiz eher unter die Erde bringt, als wenn man einen richtigen Ehrgeiz hat, oder gar keinen.
So wie es oft bei Zufällen regnet oder das Glück von einer Begegnung zur nächsten springtals begänne es zu fruchten. So sind verliebte Paare ein wenig wie flirrendes Sonnenlicht und wenn sie sich wirklich finden, finden sie sich über die Sterblichkeit hinweg.
So wie man sich findet so liebt man sich auch. Über das Du hinaus spiegeln glänzende Facetten spiegelnde Widersacher und es kämpfen kleine Gespräche in dir gegen große Gefühle an. Im Unsinn der Worte, die wie Schatten ineinander übergehen, finden Liebende die Liebe und begründen sie neu.
Sähe man nur wie sie sich bewegen, wie sie sich in den eigenen Abgründen nach Geborgenheit sehnen. Sähe man nur die Gesichter die türmen. Und der Atem der anderen? Gerade in der Liebe, so sagte man, stünde der Bewegung nichts mehr im Wege, der Bewegung hinein in eine erworbene Welt
Als sie sich in die Hand nahmen. Ein Wort das andere gab floh wie verstohlen die Wärme in ein liebendes Gegenüber. Und als ob es die Ewigkeit gäbe erhob sich die Zweisamkeit zu einem irdenen Maß.
Es war dann früh Abend das Leuchten flanierender Paare „in den Augen stiller Passanten“zur Sehnsucht begrenzt, versiegt in den frühen Morgenstunden zu einem lüsternen Blau.In den Zimmern flutet die Sehnsucht in das Animalische und in den Cafés greifen die Einsamen nach dem letzten Strohhalm und ertrinken.
Und wenn es die Liebe dort in den Zonen der Begehbarkeit gar nicht gäbe, sondernin Empfindungen als ein Bild, das die eigene Wirklichkeit verstört. Und als ob es nicht schon genug Unverständnis gebe, lüftet wie von Ungefähr die Liebe ihre leichten Geheimnisse und gibt sie als Schwerelos aus.
Alles was hinter den Dingen ist, zu begreifen, es zwischen dich und mich legenals wäre es ein Geschenk, das man mit sanfter Geste auf einen Tisch legt und all die Erinnerung, die dabei wie Luftgeister der Liebe zwischen uns, in uns, auf uns liegen bilden Doppelgänger in der Seele des anderen.
So auch ein unaufhörliches sich Versprechen, dass wie sinnliche Wiederholungen eines flüchtigen Glücks, uns ernähren, gebären, befremden. Gleiten wir dann in die betörende Höhe der Sprache, in die wir unseren gegenseitigen Singsang betten, der doch so von Überzeugungen satt kleine Zwischenräume gebildet hat, erkennen wir einen, nur uns gehörenden, gemeinsamen Augenblick.
Ein Mann der sich durch das Begehren einer Frau in ein gläsernes Labyrinth begibt in dem er sich flüchten und suchen sieht. Dabei einen zweiten Körper bildet der, als müsse er dauernd fragen, tröstende Worte erfinden will. Taucht er dann in der Wirklichkeit auf wie ein Ertrinkender glaubt, er an Sätze die an Worte gebunden ihn anders erzählen wollen. Welch betörendes Vorhaben, welch aufwühlendes Glück.
Wenn sich die Irrtümer häufen. Also auch Sprache und die darin sich bindenden Gefühle hohe, wacklige Türme bilden die auf unsicherem Boden emporgewachsen, nun gefährdet sind. Was bedeutet da ein aufeinander zugehen, ein fremdes bekannt machen, einen anderen Willen verstehen lernen. Vielleicht ein Ruhen unter dem wechselnden Licht rauschender Bäume, oder das Summen einer inneren Melodie die sich endlich wieder zu erkennen gibt, oder gar ein nachdenklicher Blick auf den eigenen Lebensweg.
Dann standen sich zwei gegenüber. Es war wie im Märchen. Sie waren beide so voller Symbole, dass sie nicht nur flogen sondern auch schwer an ihren Gewichten trugen, je nachdem wie stark die Winde waren. Mal versteckten sie sich im Herz des anderen, mal führten sie ihre Seele, als ob sie blind wäre, mit sicherer Hand über den glühenden Boden ihrer Ängste. Dann spürten sie, als sie gemeinsam ankamen, denn das war ihre Passion, ein zartes Kitzeln in der Bauchgegend. Alle Schwere war verflogen. Dann auch geheimnisvolle Blicke, Sätze in Rätsel gekleidet, Musik, die zwischen die Gedanken brandete, und eine unerhörte Stille entstand, aus der sie gekommen waren und in die sie wieder zurückkehren werden. Dazwischen gründet ihre Liebe.
Jetzt sind sie gemeinsam an einem nur ihnen bekannten Ort. Ihre Körper strahlen so etwas wie Zuversicht aus. In der Sprache haben sie sich gefunden, so wie man Früchte unter Herbstblättern findet. Sie gären schon, aber wie schmackhaft sie sind. Dann lehnen die Menschen sich aneinander weil sie satt geworden sind, nicht an sich, sondern an der üppigen Fülle des gegenseitigen Lebens. Sie beginnen Wege zu träumen, die aus ihren eigenen Labyrinthen führen sollen. Gibt es noch Geschichten, in die sie münden können.
Sie sind nebeneinander, miteinander ein Stück Weg gegangen. Ihre Gesichter hoben sich in die Fremde ihres Begehrens, als sie wieder bei sich angekommen waren erschlossen sie sich eine andere Sicht der Dinge. Erhaben begannen sie zu sprechen. Zuerst voneinander dann miteinander zuletzt schwiegen sie. Was dann zwischen ihren Körpern lag war wie das Greifen nach Blütenstaub. Jene abstürzende Gründe, die in ihnen tiefe Gräben hinterlassen hatte, wuchs mit ihren besänftigenden Gedanken zu. Dann das Schwanken der Sprache, das wiegen der Seele, der blitzende Geist.
Vielleicht sind Gewohnheiten in der Liebe nicht nur Schutt, der von einem abgebrochenen Gebäude übrig bleibt. Vielleicht herrscht in ihnen auch jener Glanz, der die Zeit in einen gleichmäßigen Takt zwingt, auch wenn dies eine Spannung abverlangt, die nur durch Überraschungen gelöst werden kann. Also Rhythmus, Auf und Ab, Akkorde an Worten die einen satten Klang ergeben. Instrumente, die aus Teilen ein Ganzes weben, sei es Melodie oder Klang und verklärte Gesichter die ihr Zusammensein wie einen schönen Traum begreifen. Daraus könnte ein gutes Leben entstehen, eines das stolpert und hüpft, eines das schlingert und tanzt, eines das wahr ist und falsch.
Sie gehen spät noch lange Wege. Eine Ungeduld hat sich ihrer bemächtigt die sie nun in ruhigen, aber stetigen Bewegungen zu bändigen versuchen. Sie gehen Hand in Hand und es ist fast wie ein Schlendern. Es sieht sogar lustig aus, auch hölzern. Als tanzten sie eine Pantomime über sich selbst. Zuerst der Ernst in ihren Gesichtern. Seines und Ihres, dann das sich langsame Lösen ihrer Glieder. Sie gehen aufeinander zu, voneinander weg, ein Rhythmus entsteht. Dann ein Lachen von ihr, der bewundernde Blick von ihm. Er sieht erleichtert aus und schaut voller Stolz in die Ferne. Gewichte fallen von ihm ab. Sie lacht gefährlich nah an seinem Stolz entlang, doch kennt sie seine Grenzen nur zu gut. Sie sieht ihn überlegen von der Seite an. Sie bleiben stehen. Alle Ungeduld war verflogen und in ihren Seelen kehrte jenes Gleichgewicht zurück, das sie einst zusammenkommen ließ.
Nie sind die Übergänge fließend. Bei ihnen. Bei den beiden. Sie hatten weit oben angefangen. Hatten sich in stürmischen Höhen entdeckt und erfunden. Dann haben sie sich gegenseitig geschenkt. Schön eingepackt mit Glanz und Ornament. Alles nur Hülle, denkt der eine von den beiden gerade, oder auch der andere. Auf jeden Fall war da ein herabsteigen, wenn nicht sogar stürzen. Der Schmerz ihrer Zweifel ist, da sie sich gegenüber sitzen, an ihren Gesichtern abzulesen. Also nichts gefunden was noch Zugeständnisse zuließe. Nur noch Warnschilder und hochgezogene Zäune. Aber sie reden noch miteinander. Nicht so, dass sie danach glücklicher wären, was ja im Allgemeinen ein Gespräch erfüllen soll. Auch bei ihnen. Doch anstatt dass die Spannung nachlässt erhöht sie sich sogar noch. Für beide eine überraschende Erkenntnis. Sie bleiben also müde. Leiden aneinander. Verzehren sich. Ist das denn nicht auch Liebe, versucht der eine zu denken und ist sich seiner Unsicherheit bewusst und auch der andere denkt so ähnlich, wenn auch nicht mit dieser Klarheit die Sprache schafft. Also bleibt doch nur die Höhe. Mühsam machen sie sich auf den Weg. Hand in Hand, die Hoffnung im Gepäck.
Ein junges Mädchen, die Hosen gekürzt bis an den Schritt, die Haare offen, der Blick ein wenig aufgezwungen, aber auch stolz auf Form und Wirkung, geht auf einer Straße. Neben ihr ein Junge. Groß, stattlich anzusehen, schön. In seinen Bewegungen scheint eine Selbstsicherheit heraus, die sich in die Gesten des Mädchens verfängt und in der Zeit ausbildet. Sie lebt in einer sich erfüllenden Ahnung von Liebe. Ihre Körperlichkeit ist Stachel und Ruhekissen zugleich. Was sie an Gedanken und Blicken auf sich zieht bewundert sie wie die Körperpflege einer erfahrenen Frau, doch sie spürt auch Unsicherheit und Schwäche. Was sie fühlt ist nicht nur stolz und Macht, nein auch die Schlieren der Gewalt, der unberechenbare Trieb vorbei schlendernder alter Männer, deren Schmutz der Erfahrung, deren sich auftürmende Lust die plötzlich zusammen fallen will, hängt zwischen ihren Wahrnehmungen wie ein abstraktes Gemälde. Der Junge dagegen ist träumender Schatten. Schlendert leicht und schuldlos neben ihr her. Hat ihre Hand in der seinen. Trocken und warm fühlt sie sich an. Er sucht den Neid der anderen, der ihn erhöht. Findet ihn und bettet seine Gefühle darin. Wie ruhig er schlafen wird. Doch gleichzeitig entsteht eine Verhärtung ihr gegenüber. Sein Gefühl für ihre Schönheit verflacht. Was sie sich gegenseitig als Liebe erklärt hatten, raschelt schon wie Seidenpapier, mit dem man zerbrechliches Geschirr einpackt. Er würdigt sie nicht mehr so, wie sie es fühlen will. Auch sie hat ihn nur genommen, wie man ein Kleid von der Stange nimmt weil man Farbe und Form liebt. Oft streicht sie es glatt wenn es Falten wirft, oft fährt sie mit den Händen über die Hüfte, um es eng zu machen, oft sucht sie es nach Flecken ab. Irgendwann wird sie aus einem Zufall heraus sich in einem Spiegel sehen und sich wundern darüber, weshalb sie so ein hässliches Kleid habe kaufen können. Sie wird es wohl in eine Kleidersammlung geben. Er dagegen wird sich eines Tages beruhigt in die Fänge anderer Mädchen legen.
Ob es an den Zwischenzeiten lag, dass es nicht gelang zueinander zu finden, ist ungewiss. Dass sie es sich wünschten war in ihren Herzen tief verankert. Doch glaubten sie daran? Oder empfanden sie eher Risse aus, der die Schwäche kroch. Sicher ist, dass sie sich eher an den Niederungen orientierten. An den nebligen Auen des Selbstmitleids. Wie wenig Licht sie erreichten, erkannten sie immer, wenn sie voneinander gingen. Sie fühlten sich unsicherer als zuvor. Wenn die Zeit sich dann ein wenig Platz verschafft hat und sie in Erinnerungen all das Unbequeme, unsägliche, irritierende, verloren hatten kam wieder der Wunsch sich zu treffen aus ihrem Herzen wie ein längst erwarteter lieber Gast. Wie leicht es war dann mit ihm zu reden, sich einzubetten in ein Für und Wider. Ohne großen Schmerz, eher leicht, lächelnd und gewiss. Ein betörendes Rundherum entstand, in dem das Reisen so war wie das zu Hause bleiben. Also hielten sie inne, waren an einem Punkt angelangt, von dem aus sie sich wieder begegnen wollten.
Stumm sind sie geworden, die Alten. Ihre Kinder, die zwischen ihnen hausiert hatten, als ob sie fliegende Händler wären, sind zur Ruhe kommen. Nur an den Rändern tauchen sie noch auf, erhellen ihre Gedanken, die sich zwischen Vergangenheit und Zukunft in der Gegenwart gefangen haben. Aufgrund ihres Augenblicks suchen sie Verankerungen, um sie fortzupflanzen. Irgendwann werden sie brüchig, verlieren sich, verschwinden. Die Spiele, die sich da ergeben sind, meistens leichte, zugängliche, mit einem Lächeln quittierte. So wie es ein gelungenes Leben einfordert. Doch auch ein dunkles sich Hingeben, ein Zögern, ein Vergegenwärtigen der eigenen Position die Härte erfordert, ist darunter. Doch erhebt sich beides zu einem Dritten. Einem unauflösbaren Ganzen. Darin gehen sie tänzerisch spazieren. Ein Leben lang.
So gehen sie nebeneinander. Es ist dunkel, die Beleuchtung der Stadt säumt ihren Weg. Ruhig sind ihre Bewegungen. Die Gesichter auf ein Ziel hin ausgerichtet das vor ihnen liegt. Ihre Gespräche sind wie eine Schaukel, auf der ihre Liebe sitzt. Ein Auf und Ab, ein Hin und Her. Gefangen darin, wie in einem Zug, der durch seine Geschwindigkeit sie davon abhält einander zu verlassen. Also sind sie Reisende die träumen. Also ist da auch immer ein Entzweien. Wenn sie so gehen, gerade in solchen weichen, gesättigten Nächten, spüren sie nichts davon. Sie fühlen sich getragen. Die Stimme des Einen ist der Gedanke des anderen. Ausgewogen in ihren gegenseitigen Fehlern schwingen sie wie die Unruhe einer Uhr. Sie geben dem Leben ihren eigenen Takt.
Dann ein anderer, als er sich ihr näherte. Er schon hunderte Mal neben ihr, vor ihr und hinter ihr gestanden war und nun diese Begegnung wie ein Erdbeben empfand, das in einer fernen Gegend zu ihm herüber strahlt. Er spürt ein sanftes Vibrieren, das seinen ganzen Körper durchströmt. Sie ist in ihrer Teilnahmslosigkeit eine Macht. Er versucht darunter zu schlüpfen und sie zu heben, wie man eine Decke hebt, die über einen gefallen war. Er sehnte sich nach Helligkeit, nach klar erkennbaren Bildern, vielleicht sogar nach Offenbarungen, zumindest kleinen Rätseln, die sich lösen wie Schnürsenkel an den Schuhen seiner Wanderschaft. Wie sehr träumte er von dieser lässigen etwas Ruckelnden sich im Nichts auflösenden Handbewegung. Er war also da und sie sah über einen Tisch hinweg in die Ferne. Er begann sie mit Worten zu umgarnen, sie füllte diese Anfänge mit schönen Gefühlen auf so dass eine Landschaft entstand, in der sie sich in die Augen schauen konnten. Der Anfang war getan. Später lösten sie sich in ihren Körpern auf, entstanden neu, zerrannen wie Flüssigkeiten auf dem rissigen Untergrund ihrer Ahnungen, festigten sich in den kräftigen Händen der Gewohnheiten, schliefen einen gesunden Schlaf darin um angeregt zu erwachen, um sich Neues zu suchen. Wie ein Kind das in Wäldern streunt. Es war ein Glanz entstanden am dem sie sich nicht mehr messen mussten.
Als sie ihn von sich stieß war sie stumm geblieben. Nicht ein Ton kam über ihre Lippen. Er hatte sich vor sie gestellt, laut gesprochen, fast gebrüllt, hielt aber eine respektvolle Distanz. Noch. Sie dachte, so kenn ich ihn, so verachte ich ihn wenn er an mir vorbei geht, so träume ich von ihm wenn sich meine Angst in meinem Stolz verfängt. Dann die Lautstärke seiner Stimme, die in ihr so gar nicht nachhalte, eher einen Druck in der Bauchgegend auslöste den sie mit sich nahm wie ein lästiges Geschenk. Es gehört zu ihm, wie die Narbe am Ringfinger der linken Hand. Wie oft hat sie sich von ihm erzählt. Die Anfänge beschrieb sie, als ob sie Bauklötze stapelte und wie mit Absicht stapelte sie so, dass sie bei der kleinsten Bewegung einstürzten. Im Trümmerfeld suchte sie dann den Grund, warum sie überhaupt mit ihm zusammen sein wollte. Also war sie wieder stumm geblieben. Sah ihn verwundert an, glaubte er müsse doch merken, wie sehr sie ihn verachtete. Doch seine Wut, seine Stimme, stülpte sich über ihn und machte ihn zu einer weißen Fläche, deren Glanz, deren scharfe Grenzen ihn zu einem unausstehlichen Tier machten. Wie nur ertrug sie seine Zärtlichkeiten. Fasste sie deshalb Mut. Trat sie deshalb an ihn heran. Stieß sie ihn deshalb von sich weg, wie einen Feind. Und er, was tat er. Er hielt inne, schaute verwundert und seine ganze Stärke und Größe fiel in einem Augenblick in sich zusammen. Er versuchte eine bittende Geste, eine, in der ein ganzes Leben zu stecken schien. Ihr Herz öffnete sich für einen Moment und Mitleid schoss in ihr Gesicht. Ist so ein Leben schön?
Würde ich dich umschreiben, was fiele mir da ein. Dein Anfang in mir waren kleine, kurze Geschichten, in denen du dich wandtest und ziertest. Alles daran war zuerst Körper und Landschaft. Wie schön sich beides miteinander verband, dann wenn ich dich anschaute. Alles was fremd war, wurde mir allmählich bekannt. Alles was bekannt war, alles was ich glaubte, warf ich in die Höhe, betrachtete es wie einen beginnenden Regen, der mich zum Wachsen bringen wollte. Die Wärme deiner Abschiede, an denen immer schon unsere Begegnungen lehnten, manchmal gelangweilt, manchmal mit einer kraftvollen Anspannung, füllten offene Räume mit Erwartungen auf. Schön dass du niemals Gesicht geworden bist, oder verlorene Seele. Immer warst du Gedanken, die trugen, Sprache wobst du wie Kinder Geschichten weben. Zart deine offene Welt. Würdest du dich beugen über mich. Würdest du Wange an Wange mit mir einen wiegenden Schlaf üben, würdest du lieben – können.
Es hieße den Körper des anderen zu entdecken. Nicht seine Schönheit im Sinne einer übergeordneten Macht, sondern in seiner betörenden Gewöhnlichkeit. Was könnte man darin nicht alles verstecken. Allen Mut, den man zusammen genommen hatte, all den Zweifel, der in den Ahnungen tobt, all die Bilder, mal dürr und klagend, mal überbordend und frech, die einen sinnlich machen und warm. Sind nicht auch die Gerüche, je näher man sich kommt, ein Maß für eine eigene Geschichte. Eine Geschichte des Verständnisses, der Toleranz, der interessierten Gleichgültigkeit. All die scharfen Klingen, die uns in Form eines körperlichen Idealismus bedrohen, die unsere Seele beschneiden unseren Geist verletzen unsere Wahrnehmung in eine enge Zelle drängen, sind Waffen des Eigensinns. Würden wir uns sehen wollen, wie man eine Baumrinde sieht, oder eine im Wachsen begriffene Wiese, würde uns da nicht auch neben der Schönheit, jene Fehlbarkeit, jener Irrtum, jener Wildwuchs begegnen, der doch erst unser Herz zum Schlagen bringt.
Vielleicht war es eine Begegnung, die zuerst grob dann sich verästelte in ein zartes Gewebe der gegenseitigen Bewunderung, die zu einer Beständigkeit führte. Vielleicht hatten sie, bevor sie miteinander sprachen sich zuerst gesehen, wie sie aus Bussen gestiegen waren, wandernd an Feldern vorbei, über Unmögliches nachsannen, oder an Tischen saßen, lässig nach hinten gelehnt, den Ellenbogen über die Stuhllehne gebeugt, lachend, lächelnd, schmunzelnd, oder aber auch über eine Arbeit gebeugt, die zuerst wichtig war, jedoch, je länger sie sich damit beschäftigten, an Wichtigkeit verlor, sich sogar auflöste hin zu einem Kopfschütteln und Trinken eines Glases Weins und beruhigenden Schlafes mit einem, wie sie es gemeinsam nannten, hellen erwachen. Erst dann, nach solch angenehmem Schauen, wurde ihnen bewusst, wie gerne sie miteinander reden würden. Und sie begannen damit.
Wieso hast du mich nicht einfach in Ruhe gelassen. Seit ich dich entdeckt habe, bist du hinter mir her. Was denkst du dir eigentlich. Drehe ich mich um bist du da, öffne ich die Augen starrst du mir ins Gesicht, will ich meine Ruhe haben, redest du ohne Unterlass. Und es trifft mich. Es ist ja nicht so, dass du mir gleichgültig bist, im Gegenteil, ich halte große Stücke auf dich, weil mich niemand besser kennt als du, bist du doch Teil von mir. Aber trotzdem, warum bist du so unerträglich geworden. Zu einer Last, die mich schwerer macht als es nötig wäre. Es gab Zeiten, als du noch etwas zurückhaltender warst, wo ich fast das Fliegen lernte. Im übertragenen Sinne natürlich, aber das war schön, herausfordernd auch und plötzlich entdeckte ich Räume, in denen ich mich öffnen konnte und so etwas wie ich selbst trat da hervor. Kannst du das verstehen. Nein. Denn kaum entdeckte ich diese Räume warst du zur Stelle und zerstörtest sie mit wenigen Worten und das schlimme war, dass ich es dir glaubte, denn ich vertraute dir. Jetzt da ich alt bin, stehe ich da, weiß nichts mit mir anzufangen, als in den Urlaub zu fahren oder spazieren zu gehen. Habe ich deshalb gelebt. Du bist seltsam einsilbig geworden, als ahntest du, was du verbrochen hast, so über mein Leben hinweg. Letztendlich kann ich dir aber keinen Vorwurf machen, denn ich habe dich willkommen geheißen, anstatt dich zu bekämpfen. Nein, das Beste wäre wohl gewesen ich hätte dich gar nicht erst angesprochen. Doch geht das überhaupt.
Ich habe schlimme Dinge getan. Du weißt es, du hast mir dazu geraten. Ich war im Zwiespalt aber deine Kälte hat mich dann doch überrascht. Deine Einflüsterungen kamen zur rechten Zeit. Ich war unter Druck geraten. Du weißt ja, wie es ist, wenn man Vorgesetzte hat, die selber unter Druck stehen. Auch wie du argumentiertest, mit welcher Härte, Brutalität und Gleichgültigkeit. Es ging schließlich um Menschen, um ihre Existenz, die ich bedrohen sollte. Die hatten Familie, zum Teil kleine Kinder. Das schien dir gleichgültig und meine Einwände, die zugegebener Maßen recht schwach waren, wischtest du mit ein paar Worten weg. Was sagtest du nochmal. Jetzt hab dich nicht so. Jeder ist sich selbst der Nächste, und die Doppelhaushälfte, und das Kind, das studieren soll und die Frau, die in dir einen starken Mann sieht und überhaupt was gehen mich diese Leute an. So hast du mich überzeugt, wobei ein kleiner Zweifel blieb. Ich hatte einige Tage einen Druck in der Magengegend, vor allem als ich den Artikel schrieb der die Vernichtung (im wahrsten Sinne des Wortes) dieser Leute auslöste. Irgendwann hörte der Druck auf und ein Machtgefühl stieg in mir auf, ich lächelte überlegen, weißt du noch und drückte die Hand meines Vorgesetzten ein wenig stärker als zuvor.
Ich habe dieser Frau widersprochen. Nicht in dem Sinn, dass ich ihr gegenüber stand und es in ihr Gesicht sagte. Nein, ich schrie es öffentlich hinaus, so dass es alle hören konnten. Wo das war? Ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall spürte ich eine unermessliche Genugtuung, denn sie hatte meine Kinder bedroht. Nicht etwa, dass sie ihnen Gewalt antun wollte, im Gegenteil. Sie sprach von Freiheit, und dass die Maßnahmen dazu führten das sie verstümmelt würden, verstümmelt an Seele und Geist. Kannst du dir das vorstellen. Welch eine Unverschämtheit, wo doch alle sagen, es müsse sein. Wir schützten uns und andere damit, ja wir könnten irgendwann wieder ein normales Leben führen und muss man da nicht Opfer bringen. Du hast mir schnell zugestimmt, fast zu schnell, so dass ich bei dir einen Hintergedanken vermutete, vielleicht sogar einen Zweifel. War es so. Ich kann dich jetzt fragen, da die Frau entlassen ist und deshalb meine Kinder in Ruhe lässt. Alles hat sich wieder eingependelt. Ich spüre auf einmal deine Angst, jetzt wo alles ruhig ist. Du willst mir wohl deinen Zweifel erklären. Ich will es nicht hören. Alle sind zufrieden und auch du solltest es sein.
Warum sind wir Feinde geworden. Haben wir uns nicht genug angestrengt. Liebten wir uns so wie wir es wollten. Ich hatte es angenommen, denn kann man streiten, ohne sich zu lieben. Wie soll das gehen. Du bist irgendwann ausgeschert. Hat dich etwas aus der Bahn geworfen, einer meiner Gedanken vielleicht und hat sich der Hass eingeschlichen, der doch alles in ein unauflösbares Schwarz verwandelt. Selbst unsere Liebe. Du antwortest mir nicht mehr, selbst wenn ich noch so dränge. Was ist nur geschehen. Finden wir nichts mehr Gemeinsames. Es ist doch so einfach. Du bist ein Mensch und ich bin ein Mensch. Du hast Angst, ich habe Angst, du hast Schmerzen, ich habe Schmerzen, beide lieben wir die Freude am Leben, was gibt es nicht alles zu schauen. Die Schönheit der Natur, gerade in ihrer unglaublichen Gleichgültigkeit uns gegenüber. Das muss doch einen Grund haben. Wir haben oft darüber geredet, aber keine Antwort gefunden. Dass ist eben diese Schönheit, das Unbegreifliche, das Rätsel. Ich weiß nun, dass genau das dich verärgert hat, bis hin zum Hass. Du wolltest es nicht hinnehmen und bist deshalb als Suchender in ein Labyrinth getreten und hast es als Fest begriffen, obwohl es doch einer Selbstzerstörung gleicht. Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder, ich würde es begrüßen und ich säße gewiss nicht, so wie es jetzt gerade klingt, auf einem hohen Ross. Wenn es nicht gelingt, werden wir spätestens auf dem Sterbebett aneinander denken. Haben wir genug geliebt?
Diesen Drang, den ich spürte, als ich dich in mir entdeckte. Zuerst warst du weit weg, nur beiläufig hörte ich dich reden. Oft verschwommen antwortest du, oder ich war irgendwo unterwegs und kam nicht zur Ruhe, denn man muss zur Ruhe kommen wenn man jemandem zu hören will. Ich war jung, frech, ausufernd. Niemand konnte mir etwas anhaben. Alles was von außen kam drang in mich ohne jeden Vorbehalt. Es war schön. Das ist jetzt anders, denn dieses Offene hat dich stärker gemacht, deutlicher und ehrlicher. Irgendwann zwangst du mich zuzuhören. Deshalb suchte ich mir Plätze, Räume, Zimmer. Ich verlangsamte, wenn man an so will, denn deine Sprache nahm an Deutlichkeit zu. Fast träge wurde ich, so dass ich beinahe mein Leben aus den Augen verlor. Nun da ich diesen Zusammenhang erkannt habe und du mir sehr wichtig geworden bist, gelingen schöne Gespräche. Manche nennen dies, alt werden.
Hast du auch davon gehört. Es stand ja in allen Zeitungen. Hättest du das für möglich gehalten. Ich nicht. Du schaust mich glücklich an, so als ob es dich freute was geschehen ist. Nun ich möchte nicht in dessen Haut stecken. Er hätte es halt nicht verheimlichen sollen. Andererseits ist es auch schwer zuzugeben wer man eigentlich ist, zumal ja die Meute schon wartet, um einen zu zerreißen. Komm, Bruder, gehen wir Arm in Arm spazieren und bedauern diesen Menschen, da drüben, für uns unerreichbar. Sein Schmerz ist unsere Lust, nicht wahr. Mein Gott wie deine Augen glänzen. Darauf ein Gläschen Wein. Wir werde lange reden darüber wie es so weit hat kommen können und überhaupt die Gesellschaft, die Menschen, wie dumm und böse sie sind. Wir dagegen, wir beide, werden heute ein Sonnenbad nehmen, das haben wir uns verdient, oder etwa nicht. Morgen wieder dürfen die Ängste zu uns kommen und die Schmerzen, aber heute freuen wir uns jemand besonderes zu sein, denn ein anderer leidet nicht mit uns sondern für uns.
Du hast mich gut beraten. Das muss ich zugeben, wenn auch alles dagegen sprach, was du mir rietest so ist doch vieles gelungen. Nicht das ich glücklich darüber wäre, denn ich habe Entscheidungen getroffen die anderen schaden werden. Du hast meine Widersprüche einfach so weggewischt, sie für unerheblich erklärt, ja sogar ins Lächerliche gezogen. Du gabst mir das Gefühl Recht zu haben, indem was ich tue. Meine Bedenken verschwanden ja dann auch, und ich baute mir eine eiserne Rüstung. Man muss unnahbar werden, wenn man solche Entscheidungen trifft, wie ich es getan habe. Dass du mich stützt, dafür danke ich dir. Allerdings musst du mir noch viele Besuche gestatten, denn mein Gewissen lässt sich nicht die ganze Zeit beruhigen.
Ist es nicht seltsam, dass alles so schlüssig ist. Ich meine dein Denken. Du hast es mir offenbart und die Zeit hat dir Recht gegeben. Ich war immer an deiner Seite, du hast es so gewollt. Unzertrennlich sind wir geworden. Vor allem wohl, weil du mir immer Recht gegeben hast. Sehr anpassungsfähig bist du. Selbst in meiner größten Wut nicktest du verständnisvoll mit dem Kopf. Auch als ich verzweifelt in Ecken kauerte und nicht mehr ein und aus wusste, warst du zur Stelle und hast die richtigen Worte gefunden. Du weißt gar nicht wie gut mir das tat. Doch wohin hast du mich geführt. War dir immer bewusst, dass ich, und du ja auch, an diesem Ort ankommen würden. In dieser armseligen, kargen Landschaft uns verdingen müssen. Wo Menschen einander nichts mehr zu sagen haben, sie sich in Gebäuden verschanzen, in großen Autos die wie Panzer aussehen, sich selbst einschließen und verschwinden. Und all die Augen, die auf einmal starren, so als hätten sie schon immer gewusst, dass es so enden würde. Aber was. Ihre Freiheit? Und was ist mit uns. Hechelnd hinken wir hinter ihnen her. Du hast gesagt uns bleibt nichts anderes übrig und ich habe dir damit Recht gegeben.
Du hast mir einmal erzählt, dich hätte jemand angesprochen. Jemand der in dir sich zu Wort gemeldet hat. Es war seltsam, sagtest du und beschriebst ganz genau wie es geschah. Das es unvermittelt kam, dann wieder verschwand. Einzelne Sätze waren es, schön in ihrem Klang aber nicht unbedingt leicht zu verstehen. Du sagtest lange hättest du es ignoriert, weggedrückt. Doch die Stimme kam immer wieder. Sie bedrängte dich nicht, sagtest du, sie wollte nichts von dir, es schien so, als wolle sie dir etwas anbieten, und wenn du nicht wolltest, so wäre es auch in Ordnung. So hast du es mir im Nachhinein erzählt, weil du es da erst begriffen hattest. Irgendwann kam die Stimme nicht mehr, zu lange hattest du sie ignoriert. Wie nur wirst du dein Leid ertragen können, zumal es auch das meine ist.
Warum dieser Abstand. Warum sehe ich dich fast nicht. Warum die leisen Worte. Genüge ich dir nicht, dass du mich so ignorierst, oder habe ich dich so sehr verletzt, dass du nur noch in diesem großen Abstand mit mir reden kannst. Selbst wenn ich winkte, würdest du nicht reagieren und trotzdem erkenne ich dich und trotzdem bewegst du etwas in mir, ich kann nur noch nicht sagen was es ist. Ich weiß nur, dass es weh tut.
So ist es still um dich geworden. Viele Gespräche haben wir geführt. Wie verständnisvoll du warst. Ich habe mein Wissen vor dir offenbart und du hast es in dich aufgenommen, ohne groß darüber zu reden. Wie schön du wurdest, wie zugewandt und freundlich. Interessante Antworten gabst du und besonders jene Fragen, die mich fast immer in meinem Innersten kleine Räume öffneten, so dass ich mein Wissen weiten konnte, in die Breite und Tiefe ging, wie ein Wanderer ohne Ziel. So gelang es mir immer offener zu werden, alles Starre war von mir gewichen. Ich sprach die Menschen mit einem sanften freundlichen Ton an und sie schienen es zu spüren, denn auch der Klang und Rhythmus meiner Sprache hallte in ihnen nach. Wie schön sie wurden, wie offen und gelassen. Ja, sie lachten gar darüber, wie schön ihr Leben sein könnte, wenn sie sich selbst vertrauten, dabei hatte ich es ihnen nie gesagt. Deshalb danke ich dir, dass du mich in diese Landschaft geführt hast, vielleicht, wenn alles gut geht, entsteht eine eigene Welt daraus. Hat es sich dann nicht gelohnt gelebt zu haben und ist das Sterben da nicht wie das Fallen auf weichen Grund.
Ich bin immer irgendwo. Die Zeit spielt keine Rolle. Ich schwebe. Ich bin gefragt und deshalb suche ich mich nicht mehr. Heute bin ich da und morgen dort. Übermorgen fliege ich über Wolken, anderntags sitze ich im Zug und mache einen Auftrag fertig. Dazwischen esse und trinke ich, weil ich muss. Sehe ich nicht bewundernde Blicke auf mich gerichtet? Ich komme gar nicht dazu mir Fragen zu stellen. Vielleicht habe ich das auch noch nie getan. Vielleicht hast du es mir verboten, der du jetzt verborgen in mir meine Flucht erleichterst. Was nur hast du mir gesagt, dass es mir jetzt so leicht fällt, weg zu sein. Wenn ich mal wieder der Verzweiflung nahe bin, kannst du dich ja melden. Ich würde mich freuen und wenn nicht, dann ist es auch nicht schlimm. Wähle aber mit Bedacht deine Worte, es könnte sonst mein Ende sein.
Wie leicht es ist Argumente zu finden wenn man über den Menschen schwebt. Sie einen nicht belästigen in dem was man tut. Dann, wenn das Programm fertig ist, lässt man es auf die Massen senken, wie einen Käfig in denen sie zu Meerschweinchen werden dürfen. Welch Aufwand man trieb, um den Abstand zu wahren und als man Ergebnisse suchte, fand man sich selbst in der Hängematte des Wohlgefühls schaukeln. Denn man hat gefunden was man gesucht hat.
Wie schwer es ist sich nicht zu erinnern. Diese eine Tat. Ich komme nicht darüber hinweg. Sie schwelt noch immer in mir. Sie war aus dem Zufall geboren und doch warst du derjenige der mich dazu trieb. Ich gebe dir keine Schuld, denn wir haben lange diskutiert, bis wir zu diesem Urteil gekommen waren. Aber es war der Zeit geschuldet, der Umgebung, dem Drum und Dran. Heute würde ich es nicht mehr tun, und du? Ich spreche dich lieber nicht darauf an, denn du könntest die falsche Antwort geben. So bedrohen wir uns gegenseitig mit unserm Wissen. Ist es nicht so?
Ich weiß nicht, ob man es erwachen nennen kann. Vielleicht habe ich nur den Blick gehoben und dich entdeckt. Ich war jung, und du, wie du mir später einmal sagtest, schon immer da, machtest dich aber nicht bemerkbar. Ich hatte dich also erkannt, und erschrak über deine Härte und Unbeugsamkeit. Kaum etwas hast du mir durchgehen lassen, und wenn doch, so fragtest du tausend Mal nach, ob ich es denn richtig gemacht, ob ich es mir gemerkt hätte wenn ich es später brauchte, überhaupt schriest du, schreib es auf. So habe ich jeden Schritt den ich tat aufgeschrieben, und Aktenordner entstanden, säuberlich geordnet auf Regalen, die zuerst in Zimmern aufgestellt, dann ganze Wohnungen, und zuletzt ein Gebäude mit sage und schreibe fünf Stockwerken ausfüllten. Ein Archiv ist daraus geworden und immer noch genügt es dir nicht. Ich bin erschöpft. Nicht einmal habe ich in den Ordnern geblättert, geschweige denn darin gelesen. Hättest du es nicht gefordert, ich selber wäre nie auf die Idee gekommen.
Dann entstand eine Bedrohung. Überall war sie gleichzeitig und die Menschen konnten dieser nicht mehr ausweichen. Doch sie stellten sich ihr nicht, im Gegenteil, sie nahmen sie an, wie man einen guten Ratschlag annimmt in der Hoffnung alles löse sich in Wohlgefallen auf. Immer schon waren sie Austern gewesen, denn wenn man in einer Dienstleistungsgesellschaft aufwächst und lebt, entledigt man sich mit der Zeit jeder Selbstwahrnehmung, um nach ihr Entscheidungen zu treffen, sondern verschließt sich vor sich selbst. Denn es gibt ja genug Spezialisten, die einem das Leben ordnen. So habe ich mir das zurechtgelegt. Du warst einer jener Austern. Ich leistete anfangs Widerstand, doch es gelang mir nicht dich umzustimmen, im Gegenteil, jedes Argument, das ich aufbrachte, stärkte dich, bis du zu einem Ungeheuer, und ich zu einem Zwerg wurde. So gerann auch ich zu einer Auster, eine Auster ohne Perle.
Jetzt ist es dir doch gelungen alle Hemmnisse, die in dir tobten, abzulegen. Es hat zwar lange gedauert, aber du hast es geschafft. War ich dir Ratgeber genug oder hörtest du auch auf andere? Ich hab eigentlich nie auf dich gehört, immer waren es Menschen, denen ich begegnet bin. Sie durchwanderten mich und ließen kleine wertvolle Geschenke zurück. Diese festigten sich in mir und bildeten meine Sprache um und aus, so dass ich mit der Zeit sprechen lernte, so zu sprechen, dass mir Menschen zuhören. Also erkennen sie sich in mir wieder. Vor allem in Bildern tauchen sie auf, gehen darin umher und suchen einen Sinn für sich. So zumindest stelle ich mir das vor. Du, der du mich ja immer begleitet hast, warst eher ein Hemmschuh, denn du stärktest mit deinen Ratschlägen eher meine Zweifel, mein Ungenügen, meine Ängste. Ich bin dir deshalb nicht böse, denn das hatte seinen Sinn. Ich musste mich gegen dich auflehnen, und das geschah, bis du irgendwann geschwiegen hast und wenn du dann doch etwas sagtest, war es eine Frage. Du wurdest neugierig und nicht mehr anklagend. Du wolltest Antworten von mir.
Einmal sind wir gemeinsam ausgegangen. Obwohl wir ja immer zusammen sind, wir uns nicht trennen können, selbst wenn wir es wollten, war dieses Ausgehen doch etwas Besonderes. Nicht dass wir irgendwo hingegangen wären, was ist schon ein Irgendwo, nein wir blieben schön zu Hause, nahmen uns aber füreinander Zeit. Wir saßen gelöst zusammen auf einem Stuhl. Du weißt schon welchem. Du begannst zu sprechen, ohne dass ich dich, wie üblich unterbrochen habe. Du redetest frei von der Leber weg, wie es so schön heißt. Du hast mich gelobt, dafür, dass ich den vielen Einflüssen von außen so wenig Beachtung geschenkt hätte. Das fandest du generös, so hast du es ausgedrückt und ich habe es nicht gleich verstanden, dann aber kam ich drauf, denn auch jene mit denen ich nichts anfangen kann, sind doch ein Teil meines Lebens und gehören respektiert. Deshalb also mein generöses Verhalten, auch wenn die anderen noch so schläfrig, gar dumm, oder einfältig sind. Ich hörte dir gerne zu, weil ich wusste du bist eigentlich ich, obwohl du mich oft hart kritisiert hast, gerade in der Zeit, in der ich vor Schwäche strotzte, hieltest du zu mir. Seltsamer Weise hatte ich wenig dazu zu sagen. Ich schien wohl immer nur reagiert zu haben und das war dir recht so. Nun habe ich mich zum ersten Mal über dich hinweg gesetzt. All dein Bedenken wischte ich zur Seite, all deine Zustimmung, rieb ich wie Balsam auf meine Gründe. So entstand dieses Gespräch, da in dem Zimmer auf dem Stuhl auf dem wir gemeinsam Platz genommen hatten.
Dann hast du mich zurückgehalten. Es fühlt sich an als fesselst du mich. Meine Handgelenke schon wund, von deinem andauernden Gezerre, und Geziehe, um mich nur ja vor all den Gefahren zu beschützen, verstecke ich hinter dem Rücken. Nur ja nicht entdeckt werden, denke ich, darum auch das Versteckspiel. Ich verstecke mich vor mir selbst. Deine Angst ist unerträglich. Du weißt dass ich die Freiheit liebe, sie ist in mir in eine Weite gebettet, die du eigentlich fühlen müsstest, aber was tust du, du legst mir Steine in den Weg. Brocken der Warnungen und Befürchtungen. Fantasien paranoider Dummköpfe, die damit ihr Geld verdienen, schleppst du mit aller Kraft auf meinen Lebensweg nur damit ich stolpere und falle. Was habe ich dir getan. Du bist doch meine Seele, wir gehören zusammen sind nicht zu trennen. Dennoch kämpfst du gegen mich. Du bist die Angst und ich bin die Freiheit. Du lebst in Sicherheit, während ich mich immer wieder neu entdecke. Fehlt dir das nicht auch. Nein, du bist schwarz ich bin bunt. Du bist hässlich ich bin schön, du bist gebeugt ich stehe aufrecht, du stolperst ich schreite. Beide enden wir auf irgendeiner Weise. Ich habe gelebt, du hast gelitten.
Einem Menschen gleich
alles das sich in die Stadt ergießt
die Fremde der Mut und die Nacht
die sich auf Gesichter schiebt
alle sitzen irgendwie warten beugen sich
scheppern wie Geschirr
von einem Kellner in die Welt getragen
alle lachen auch oder fühlen sich
an fremd gewordenen Körperzonen
oder tanzen frech in das Abendlicht
und drängen Motten
in die Dunkelheit zurück
alle stehen auch hinter Türmen
krumm gefurchten Türen
blicken aufgescheucht
und spinnen sich mit Spinnennetzen zu
alle denken auch
geschliffen glänzend und verloren
hüllen sich in Jahrtausend alte Decken ein
die von alters her verlaust verdreckt verkommen
ihren Körper schützen sollen
alle lieben auch
so wie sie es verstehen
in alten Hütten großen Sälen
verspiegelten Gebäuden
werfen Körper aus
und leicht zu spielende Gedanken
verirren sich darin ersticken
und werden neu geboren
darum säumen wir
das Nichts den Anfang
und das kleine Glück
mit ausgestellten Körpern
säumen es mit Nähe und Gefühl
und glauben Menschen gleich zu sein.
Helden
wenn wir uns verzehren
in uns nur leid und Müdigkeit verstehen
wenn wir fremd
und ohne Maß in alten Gärten
hoffnungsvoll spazieren gehen
wenn wir uns ergründen
und auch sonst uns unserer Stille sanft ergeben
wenn wir alt
mit gebrechlich zarten Gliedern
noch immer nach Unendlichkeiten streben
wenn wir uns bestimmen
so wie wir wirklich niemals waren
wenn wir sahen
und uns doch nie kannten
in all den schönen unvergessenen Jahren
wenn wir uns dann noch einmal sehen
heute und in all den späten Tagen
neigen wir das Haupt
und streifen unser Spiegelbild
in dem wir abgehärmt
verwundet und verloren lagen ab
und werden Helden einmal nur
bevor wir an uns selbst verzagen
Der Feind
alles ist vergessen
und Gerichte sowie
das Urteil das uns blühte
die Strafe die uns hielt
die Schuld die uns
die Augenlieder senken ließ
all das vergessen
in dem Maß des anderen
in seinem tun
sein aufgewiegelt sein
sein unbestimmter Ort, sein Körper
der sich gegen uns entschloss
sein Reden ungemäß
sein Handeln als ein Feind
sein aufgeblasen Spiel
und wie er sich ergoss
in uns
um unsere Welt zu schließen
Oder alte Leute treffen
die vor sich stehen
und sich nicht mehr kennen
oder Kinder die auf Bäumen sitzend
große Träume träumen
Farben auch darin und kleine Seen
eingebettet in den Nachmittag
oder Jungs an Straßenrändern sehen
getrieben von der Welt
gesteinigt von den Alten
aufgehoben und versiegelt
suchen sie den Untergang
oder frisch gefangene Mädchen
mit schnappend groß gemalten Lippen
aussortiert aus Netzen
trudeln sie dem Grund entgegen
spitzen ihr Gesicht zur Waffe noch
bis sie eingebettet in den Sand
ein letztes Lebenszeichen geben
und jene noch
die sich auf Besitztum türmen
fett gemästet von der Angst
nur ausgedacht zu sein
unansehnlich fremd vergessen
beschützen sie die Welt
und bauen Zäune glotzen böse
lächeln in den Untergrund
nur weil sie
nur noch ihresgleichen grüßen
Oberfläche
Kinder die im Swimming Pool ertrinken
Frauenherzen in denen sich Geschosse bilden
Männer die mit Wunde klaffend
einen Marathon erlaufen
und ihr Geschwätz gespreizt
als hätten sie sich Geschenke ausgesucht
die Alten die auf Leitern stehen
die Jungen die im Dunkeln tappen
ausgelaugt und fremdbestimmt
und Früchte die in Wintergärten gären
Licht das leuchtet
Wärme die gebiert
aufgegeben ist der Sinn
die Wahrheit aufgezehrt
Identität
Das Gesicht als suche es sich
einen Namen und die Fremde
in ihrem ungeheuren Schritt
meißelt im Vorübergehen
kleine Zeichen in den Wind
nichts was verfängt
auch die Melodien
die von oben herab
in den Menschen wirken
flüchten in die Hosentasche der Gemütlichkeit
auch Männer
in ihrem manischen bekennen
oder Frauen
in ihrem roten Vergissmeinnicht
oder Kinder
wenn sie durch den Zuckerguss
des Spielerischen brechen
zerfallen in Gefälligkeiten
schöne Grüße
und Geschick
Die Leute
als flüchteten sie immer flüchtig
als gerieten sie in Stürme
und fielen in Wassergläsern um
als berieten sie sich gerne
in den Anfängen der Gleichgültigkeit
als schleppten sie Zement
mit der krummen Schulter des Unterdrückten
als säßen sie schmählich in der Ecke
und summten schmutzige Lieder
und pflegten ihr Gesicht
mit den Schmerzen der Anderen
Ganz unten
so wie sich alles findet
der Goldreif an den Fingern der Macht
und das Gefühl
an den Rändern spannen sich Ängste auf
auch Götter träumen
wenn sie in den Körpern ihrer Gläubigen weilen
von Maschinengewehren
die in Wäldern Menschenmaterial
in die ausgehobenen Stellungen mähen
auch glänzende Gesichter starren
mit der Nachsicht der späten Geburt
in geile Kameralöcher hinein
und wenn sie sprechen
gleitet Schleim brüchigen Wänden hinab
wo das oben
im Menschenkleid glänzt
und die da Unten nur
zwischen deren Schenkel sehen
und die Vereinigung möchten
räumen im Dazwischen
die aufgewachten Schläfer
“jene Mörder im Sonntagsanzug”
alle eigenen Gedanken auf
und werfen sie in tobende Flüsse
Das Besondere
alles was du nicht bist
und ich in den Anfängen war
als wir uns begegneten
und auch wie wir
den Himmel, die Nacht, den Tag
in reißende Ströme warfen
und Augen wie Nase
Mund und Gesichter
in unser Beschreiben zogen
so wie es Fremde tun
die unter Fremden
Freunde suchen und keine finden
wie wir an Orten
behände die Grenzen umtanzten
in ihnen Bilder entfachten
Sprache vergaßen
mit geschlossenem Mund
laute Geschichten erzählten
schreiend eigene Abgründe erfanden
oder Landschaften mit uns rissen
in denen reife Früchte
alte Gerüche beschworen
als webten wir unablässig
an des Lebens Traurigkeit
und doch alles vergaßen
was uns noch hielt
weil wir älter wurden
träge hart und verdorben
und flossen nur noch als Flüsse
gelangweilt zusammen
begannen jeder für sich
nur noch das Besondere zu träumen
Wanderer
Wanderer zwischen den Zeilen
Geher vereinzelt
von unten nach oben
und Helden
wie es ihnen an Ehre gebricht
Schritte in den Ohren
Flüchtige die sich
an den Händen halten
Dagebliebene im feigen Gewand
und Sprechen als ein vergifteter Ort
Scham in den Köpfen
Mut als ein blutiger Ausfluss
Fremde wie sie die Heimat begründen
in den Herzen der Anderen
Aufgegeben als wären sie
Kämpfende in Kesseln verschanzt
Vergessen als wären sie
Partisanen der Feigheit
aufgehängt an den Bäumen
großer Konzerne
stumm gehen sie Wege
stumm wie geschwätzige Fische
durchbrechen sie
Wellentäler der Angst
Abgesang
die letzten rufen noch
hörst du sie
die ersten graben sich schon ein
und auf der Seite aufgewacht
erwarten sie den Tod
alte Frauen schlendern träge
in großen Häusern eingepfercht
auf frisch geputzten Flächen
in den Augenblick hinein
greise Männer aufgehenkt
erzählen gurgelnd
endlich von sich selbst
zu spät der Faden reißt
der Fall ist ohnegleichen
und ihre Kinder in den Tag gezerrt
nun erwachsen und vergessen
stolpern über alte Märchenbücher
die aufgehäuft in Straßengräben faulen
sie waschen ihre Oberfläche rein
auf der sie lachend liegen
ergötzen sich im Zwiegespräch
und Sinn zerfällt zu Aberglauben
alles ist zurechtgerückt
die Angst zieht grade Linien
die Sicherheit als Rüstung ausgedacht
führt Krieg und weiche Grenzen fallen
Still
still sind wir
und ruhig
und weich
und gleich
und unerbittlich
gut sind wir
und fromm
und hörig
selbst dem bösen
trauern wir nach
arm sind wir
und reich
verdorben überdies
und fremd
sind wir uns auch
geworden
Leicht oder Schwer
und ist alles leicht oder schwer
gehen wir dahin um zu schauen
gehen wir dorthin um zu leben
gehen wir ohne der Gedanken Müdigkeit
Schritt für Schritt
so dass wir an uns wachsen
oder versäumen wir nicht
des anderen Sinn
wie verloren
erschließen wir uns
in der Unendlichkeit von Kreisen
nie Anfang oder Ende
eben nur Höhe und Gefahr
von oben herab
starren wir wie Geier
auf die Sterblichkeit der Vielen
und zeichnen sie als Fremde
in uns nach
Einfach so fort
und sie halten alle manchmal den Atem an
wen sie gehen oder stehen
scheuen große Taten
wenn sie in ihrer eigenen Geschichte
nach Gründen suchen
die sie zeichnen sollen
vergewissern sie sich
wenn sie aus ihren Häusern gehen
ob sie für die Welt genug
geordnet sind
haben sie die Lüge dabei,
die Feigheit, den Eigennutz
haben sie auch genug Taschen
um ihre Ausreden zu verstauen
und ist ihre Frisur auch recht gekämmt
spielen sie dann auch
ihr Spiel wie sie es gelernt haben
wie sie es in Schulen
und Universitäten gelernt haben
sind sie Herr oder Schurke
sind sie beides und zur gleichen Zeit
kommen sie jemals nach Hause
sind sie erschöpft
wagen sie über die eigene Schamlosigkeit
zu trauern oder machen sie einfach so fort
einfach so fort
Das Unerhörte
gibt es das Unerhörte noch
sag sind wir noch dort
wo es etwas zu wagen gibt
oder wandern wir nur noch
durch die letzten Landschaften
die uns die anderen
in ihre Hundehütten gezwängt
als Endzeit erklären
gibt es das unerhörte noch
sag oder lauschen wir
in der Fremde nur noch
dem eigenen Sinn
der uns in den Hinterhöfen
des Unglücks schon lange
die besten Gedanken geraubt hat
gibt es das unerhörte noch
sag oder ist die Allmacht
der Verlorenen so stark
dass wir nur noch
ihre Eiseskälte spüren
und darin erfrieren
gibt es das unerhörte noch
sag es mit deiner eigenen Stimme
erkläre das Verbrechen das
in den Augen der Mächtigen
nur noch ein Blinzeln erzeugt
mit deiner eigenen Geschichte
und erzähle davon
als ob du ein einmal
ein Mensch gewesen wärst
Iche
alles ist so leicht
nur Oberfläche die sich bückt
Menschen stehen da und glauben
der Zufall habe sie hier her gespült
Gespräche leichtes Lachen auch
und Wünsche die in Ecken kauern
alles lustig ausgedacht
sich weg erinnern
Wortbeispiele die sich selbst ergeben
und ausgewogen sein
die Freude kitzelt Nachbarschaften
man hat sich lange schon gekannt
nun endlich will man sich begrüßen
und Dinge kaufen Welt verschenken
Summe sein
kein Ernst der irgendwie beschreibbar wäre
Luftballons der Unverletzbarkeit nur
und Iche
ausgezehrt
geschminkt
und fratzenhaft entstellt
Seltsam wie alles zerfällt
unter den Augen
der großen Visionen
seltsam wie alles gelingt
In den Prachtstraßen
flaniert die Sehnsucht
mit einem billigen Leben
unter dem Arm
die Stimmen lebloser Schreiber
erklären die Welt im Sekundentakt
und an den Geldautomaten
scheißen Künstler
auf ihre Wirklichkeit
Die Sprache ist ein Honigtopf
und das Selbst
rührt dabei in einem Wasserglas
das Lebendige
hakt sich in das immer gleiche ein
und schunkelt mit der Welt
in den Geldhäusern
zerschneiden Zuhälter
ihren Nutten das glänzende Gesicht
während die Freier
sich mit einem Astloch vergnügen
und danach von Erlebnissen erzählen
die Eliten
träumen die totale Kontrolle
und empfinden dabei den totalen Krieg
aus den Gesichtern tropft ihre Auserwähltsein
auf das glühende Nichts und verdampft
seltsam wie alles zerfällt
unter den Augen
der großen Visionen
seltsam wie alles gelingt
Und Kinder die springen
von Ängsten weg springen
hin zu fühlenden Vätern
und Mütter im ruhenden Kleid
und Kinder die fallen
in tausende Abgründe fallen
hinab zu Abermillionen Gedanken
und Geschichten die aufreizend erglühen
und Kinder die immer nur weinen
vor Müdigkeit Gleichgültigkeit weinen
um nur ja dem eigenen Spiegelbild
die Flucht zu erleichtern
und ihre Tränen bilden das Schicksal
in der kommenden Welt
Vergleichbarkeit
und stehen die Räder still
daheim oder an Orten
die müde machen wollen
reift in den Köpfen
ein Gedanke heran
der die Kraft
in ein Ungleichgewicht verbrennt
oder zerren Geister
zerfahren wie Zombies
einen Karren voller Lust
in die Ebene der Nacht
in der die Maschine
den Sonnenaufgang ersetzt
oder ist alles Gesetz
von Anwälten gesetzt
in ihrem zwiespältigen Blau
gewundenem Tuch
gebrochenem Mund
oder sind wir die
Verwundbaren anderen
die in ihrer Nabelschau
die immer gleiche Brühe rühren
oder sind wir etwa selber schuld
vielleicht hätten wir
ein Geheimnis hüten
und in breiten Flüssen
gegen den Strom
an große Äste gebunden
an ein Ufer schwimmen sollen
aber so sind wir purzelnde
mitgerissene Fremde
die vor dem Neuen
zuerst an ihr Spiegelbild denken
und dann alle Glieder fahren lassen
um im Licht der Vergleichbarkeit
zu ertrinken
Auch an den Tagen
als man noch auf Kreidetafeln
Buchstaben sah
die in einem versanken
bevor sie
nach einem schönen Nachmittag
wieder auftauchten
um Sinn zu spenden
warst du müde
denn all die Denker
die in Schulen Farben fanden
den Sprung zur rechten Zeit
auf hohe Türme schafften
von denen sie dann Worte warfen
die an kalten Orten aufgefunden
Eitelkeiten zeichnen
sind leer und hohl
und aufgebraucht
es ist nichts von Dauer mehr
und die Veränderung regnet
auf undichte Dächer
und der Mut
der unter dem Regenschirm
die Regentropfen zählt
spricht in hölzernen Worten
und der Mensch der wie zufällig
gerade an diesem Ort
nach Gelegenheiten sucht
schließt sich
in die eigene Vergangenheit ein
und vergisst
Reifeprüfung (Abiball)
allen Ernstes
an unverrückbaren Tagen
etwas gedacht
das in Gedankenräumen
den Schatten gibt:
kleine Körper vielleicht
oder schlanke große
mit fliehendem Kinn
oder glänzende
nach innen gefallene Wangen
oder Räusperaugen
die der Verzweiflung nah
in den Abgrund starren
oder schwingende Röcke
mit schimmernden Beinen
und Löckchen
zwischen Hoffnung
und komischem Geschick
in die Wirklichkeit gedrillt
grobe Herrenmünder auch
ausgeschlachtet in der Zeit
verfallen und verfault
in vielen Kanzelreden
ausgezehrt und abgehangen
und den Sinn geprägt
der ihnen Leben gibt
Elixiere noch
in kleinen Mengen
ausgegeben die betäuben
Träume die in Wangentaschen
ausgekaut auf Straßen
ausgespuckt
in Augenblicken trocknen
und verschwinden
wie alles
über die Ufer tritt
wie alles zerfällt
und sich
in den Plänen der anderen
wieder verfängt
wie lose Gefühle und Gesichte
zwischen Auge Nase Mund
neue Träume errichten
wie alles beginnt
wie Güter entstehen
Reisen gelebt
Sachen in Räumen verfaulen
wie Gedanken
zu Sandkörner werden
auf Ladeflächen
und strömenden Schiffen verstaut
wie alles in Richtungen
geht, sich bewegt
und wieder verweht
Schon gesehen
das Licht
und die Geschichte
der anderen
in ihrem Fluss
in ihrem Zögern
in ihrem Glück
aufgebracht
steht an den Fenstern eine Welt
sie hat sich
den falschen verpflichtet
im Grau der Ereignisse
fallen Menschen
übereinander her
aber sie glauben nur
als man es irgendwann
Wahrheit nannte
liefen die Kinder
ihren Eltern davon
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